Teilnahme am International Archives Congress 2025 in Barcelona
27. Oktober 2025
Organisiert vom International Council on Archives (ICA) trafen sich Ende Oktober 2025 rund 2.000 Archivarinnen und Archivare aus mehr als 100 Ländern zum International Archives Congress in Barcelona.
Dr. Florian Lehrmann und Prof. Dr. Thomas Henne vor einem Aufsteller zum ICA-Kongress; Aufnahme: unbekannter Fotograf
Die Archivschule Marburg ist seit vielen Jahren institutionelles Mitglied im ICA und war bei der Tagung durch Dr. Florian Lehrmann und Prof. Dr. Thomas Henne vertreten. Florian Lehrmann nahm an der Sitzung der Sektion für archivarische Aus- und Fortbildung (SAE) teil und wurde dort als Schatzmeister bestätigt; Thomas Henne hielt zusammen mit Dr. Isabel Taylor, MAS (Universitätsarchiv Hamburg) einen Vortrag zur Datenschutz-Grundverordnung (GDPR) mit dem Titel „The GDPR and German archives: A jigsaw puzzle with missing pieces and misleading instructions“.
Die Tagungsteilnahme ermöglichte zudem, bei vielen archivrelevanten Themen die Perspektiven und Probleme aus anderen Kontinenten und Kulturen kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Zahlreiche Veranstaltungen wandten sich dem Thema „Künstliche Intelligenz“ zu. Dazu gehörten Berichte über praktische Vorhaben, etwa über die in großem Umfang durchgeführte zusätzliche Erschließung von Digitalisaten durch Handwritten Text Recognition (HTR) (Viktoria Löfgren / Gabriel Borg / Morgan Svensson / Erik Lenas, Schweden) oder über ein Projekt zur teil-automatisierten ethischen Überarbeitung von Erschließungsdaten (Dominique Luster, USA). Daneben standen theoretische Überlegungen: So wurde auf die Gefahr hingewiesen, dass KI-erzeugte „fake documents“ in Dokumentenmanagementsystemen die Authentizität und Integrität von digitalen Archivbeständen in Frage stellen könnten (Jean-Claude Mbassi Ndzengue, Gabun).
Mehrere Vorträge beleuchteten koloniale Archive aus einer post- bzw. dekolonialen Perspektive. Mit Blick auf Archive mit Kolonialbezügen wurde die Befürchtung geäußert, dass generative KI, die in Ländern des globalen Nordens entwickelt wurde, „imperialism“ reproduzieren könne (Alan Cobley, Barbados). Deutlich wurde auch, dass Vertreter von Ländern des Südens die physische Repatriierung von „displaced archives“ in ihre Länder fordern, da man zwar eine gemeinsame Geschichte mit den einstigen Kolonisierern, aber keine gemeinsame Erinnerung an diese Geschichte habe.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland beim ICA-Kongress; Aufnahme: Dr. Paolo Cecconi
Überdies kam u. a. der CO2-Fußabdruck der digitalen Archivierung zur Sprache (Sarah Middleton, Großbritannien). Es wurde auch das Vorhaben der „New Professionals“ des ICA vorgestellt, einen „Resource Guide“ als erste Anlaufstelle für alternative sowie eingeführte „archival practices“ (u. a. Guidelines, Standards) online zugänglich zu machen.
Eine Sektion zum Diebstahl von Unterlagen aus Archiven zeigte nicht nur die internationale Dimension des Problems, sondern auch die verschiedenen Perspektiven auf die Täter: In europäischen Archiven sind es eher Einzeltäter, in anderen Teilen der Welt werden für den Diebstahl von Unterlagen auch und gerade andere Staaten verantwortlich gemacht.
Auch andere archivische Institutionen aus Deutschland waren auf der Tagung vertreten, u.a. das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen und der Fachbereich Informationswissenschaften der FH Potsdam.
Die nächste ICA-Konferenz findet im Jahr 2027 in Malaysia statt.