50 Jahre Archivschule Marburg von Angelika Menne-Haritz
50 Jahre Archivschule Marburg - Eine Ausstellung von Karsten Uhde
Die Entwicklung des Archivwesens von Dorothee Sattler
Die Archivarsausbildung in Deutschland vor 1945 von Dorothee Sattler
Die Gründung der Archivschule Marburg von Karsten Uhde
Die Archivschule Marburg von Andreas Rohloff
Geschichte der Gebäude der Archivschule Marburg von Matthias Haupt
Der 8. Wissenschaftliche Referendarkurs 1965-1967 von Steffen Schütze
Archivarsausbildung in der DDR 1949-1990 von Andrea Buse
Der 10. Inspektorenlehrgang 1970-1971 von Jonas Eberhardt
Die Archivarsausbildung in Österreich von Anja Heinrich
Der 19. WK der Archivschule Marburg von Jörg Franzkowiak
Ausbildung in den Niederlanden von Markus Ernzerhoff
Der 14. Lehrgang für den gehobenen Archivdienst von Hardy Trautwein
Die Ausbildung der Archivare in Großbritannien von Anja Heinrich
Der 30. Wissenschaftliche Kurs von Franziska Wenzel
Die Ecole Nationale des Chartes von Markus Ernzerhoff
Der 33. Fachhochschulkurs von Matthias Haupt
Die Wissenschaftlichen Kurse 1989-1999 von Karsten Uhde
Die Fachhochschulkurse 1989-1999 von Karsten Uhde
"Archivschul-Ploetz" von Rainer Polley
Der Rückblick auf eine 50jährige Tradition einer Einrichtung erfüllt alle, die heute in ihr arbeiten, mit Stolz. Wir können auf Leistungen von Vorgängern zurückblicken, die trotz aller Schwierigkeiten, an denen es im Leben dieser Institution sicherlich genug gab, offensichtlich ausreichend tragfähige Fundamente gelegt haben, um eine in Deutschland einmalige Ausbildungsform aufzubauen.
Die Tradition
Als nach dem Zweiten Weltkrieg wieder friedliche Verhältnisse eingetreten waren und die Menschen mit einer großen Energie an den Wiederaufbau des Landes gingen, hatten Archivare zwei große Sorgen. Die erste war, ihre durch Auslagerungen verstreuten Bestände wieder zusammenzuführen und ihre beschädigten Gebäude wiederherzustellen. Die andere war auf die Zukunft gerichtet. Mit einer erstaunlichen Selbstverständlichkeit wurde bereits 1946 in den Westzonen wieder über die Errichtung einer gemeinsamen Ausbildungseinrichtung für den Beruf nachgedacht, nachdem die Fortführung der früher gemeinsamen Ausbildungen durch die politische Trennung des Landes immer unwahrscheinlicher wurde. Es war selbstverständlich, daß für diesen Beruf eine qualifizierte Ausbildung erforderlich war und daß sie gemeinsam erfolgen sollte. Marburg bot beste Bedingungen für die neue Einrichtung. Sein Staatsarchiv in einem der modernsten Archivzweckbauten seiner Zeit und mit geringen Verlusten in seinen reichen Beständen, bot sich dazu an. Außerdem knüpfte man damit an eine ältere Tradition an. Hatte doch das Preußische Kultusministerium 1894 bereits in Marburg eine Prüfungskommission für die Aspiranten für den Preußischen Archivdienst eingerichtet und zu deren Vorbereitung das Seminar für Historische Hilfswissenschaften an der Marburger Philipps-Universität gegründet.
Auf diesen soliden Voraussetzungen entwickelte sich die Archivschule und erlebte Höhen und Tiefen. Das Schicksal einer zentralen Ausbildungseinrichtung, deren Besuch verpflichtend ist, blieb ihr nicht erspart. Sie überstand Zeiten massiver, fundamentaler und zum Teil persönlicher Kritik, allerdings etwa zehn Jahre später als an den Universitäten. Doch sie hat auch aus diesen Erfahrungen lernen können und ging eher gestärkt daraus hervor.
Formen für eine postdoktorale Ausbildung
Eine ihrer Stärken ist die Form ihrer Ausbildung, die für eine hohe Intensität und Effizienz sorgt. 18 Monate an der Archivschule Marburg bedeuten 70 Wochen mit jeweils 25 Stunden Lehrveranstaltungen. Das entspricht einem 7 bis 8-semestrigen Studium, allerdings in kleinen Gruppen, in denen man sich gut kennenlernt und auch außerhalb der Lehrveranstaltungen viel miteinander unternimmt und arbeitet. In dieser Form können die Lehrveranstaltungen über den kompletten Zeitraum auf einander aufbauen und sehr zielorientiert arbeiten. Die Dozenten haben die große Chance, daß sie die Teilnehmer ihrer Veranstaltungen kennen und wissen, wo sie Unterstützung geben müssen. Sie können Schwerpunkte ihrer Veranstaltungen mit den Kursen zusammen nach deren Interessen ausbauen und am Ende jedes Trimesters die Inhalte der folgenden Veranstaltungen miteinander abstimmen.
Diese Form der Ausbildung stellt hohe Anforderungen an die Dozenten, gibt ihnen aber auch sehr viel Rückmeldungen über Erfolge ihrer Bemühungen. Evaluation ist so eine ständige Begleitung ihrer Aktivitäten. Der Satz: "Wer lehrt, lernt." gilt in besonderem Maße in dieser Einrichtung, der einzigen in Deutschland, in der promovierte Universitätsabsolventen eine weitere, wissenschaftliche, aber auf eine Berufstätigkeit vorbereitende Ausbildung erhalten.
Integration der FHS-Entwicklung
Bereits seit 1950 nutzten die Bundesländer und der Bund die Archivschule Marburg ebenfalls für die Ausbildung der Archivarinnen und Archivaren des gehobenen Dienstes. Seit Inkrafttreten des Verwaltungsfachhochschulgesetzes 1980 bietet die Archivschule Marburg bundesweit den 18monatigen theoretischen Teil des insgesamt dreijähigen Fachhochschulstudiums einschließlich einer abschließenden Zwischenprüfung an. Diese Ausbildung findet ebenfalls in der gleichen, intensiven Form mit konstanten, kleinen Gruppen und mit dem direkten Kontakt der Teilnehmer zu ihren Mentoren und Dozenten statt.
Moderne Archivwissenschaft
In dieser seit Beginn der Tätigkeit der Archivschule Marburg wenig veränderten Struktur hat sie in den 50 Jahren ihrer Arbeit ein Fundament für das neue Fach Archivwissenschaft glegt. Vor 50 Jahren war das Fach in seiner Substanz und seinen grundsätzlichen Prinzipien zwar vorhanden, doch hatte es noch wenig Konturen. In der ersten Prüfungsordnung war die Rede von der Archivkunde, die damals noch vorwiegend als Kunde der historischen Entwicklung der Archiveinrichtungen verstanden wurde. Bereits in der Potsdamer Ausbildung vor ihrer gewaltsamen Beendigung 1944 hatte dieses Fach, vertreten vom Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive Adolf Brenneke, sich zu einer Geschichte der Archivmethoden weiterentwickelt, und es nahm in Marburg in den Händen von Johannes Papritz endgültig den Weg zu einer Wissenschaft mit eigenem Theorie- und Methodengebäude. Seine Typenbildung anhand der Beobachtung früherer Schriftgutformen in einer Strukturlehre des Verwaltungsschriftguts legte den Grund für die fachliche Methodik ihrer Bearbeitung. Damit löste sich die Archivwissenschaft von der an den Inhalten interessierten wissenschaftlichhistorischen Auswertung von Archivgut und formulierte den neutralen Standpunkt archivarischer Fachkompetenz, der sich gerade heute in Zuge der Einführung elektronischer Instrumente in der Verwaltung als eine solide Grundlage für die Beratung von Behörden und für die Entwicklung von Konzepten zur Präsentation von Archivgut in den weltweit zugänglichen elektronischen Netzen erweist.
1963 wurde in der Archivschule Marburg das Institut für Archivwissenschaft eingerichtet und ihr gleichzeitig damit der Auftrag zur archivwissenschaftlichen Forschung erteilt. Sie begann damals mit Untersuchungen und Kolloquien im Bereich der Bestandserhaltung und war sozusagen Taufpate der Internationalen Vereinigung der Restauratoren (IADA). Später kamen Kolloquien zu Fragen des Archivrechtes, der Ausbildung und der Informationstechnologie hinzu. Inzwischen hat sie mehrere Projekte mit Drittmittelförderungen durch die DFG und die VW-Stiftung durchgeführt, wobei der Praxisbezug und die Anwendbarkeit der Ergebnisse immer eine große Rolle spielen. Beispielhaft dafür ist MIDOSA-Online, eine Software, mit der mit minimalem Personalaufwand und ohne Spezialschulung Findbücher für Präsentationen im Internet hergestellt werden können. Zuletzt wurde im Mai dieses Jahres von hier aus mit DFG-Förderung eine Studienreise einer vierköpfigen Expertengruppe durch verschiedene amerikanische Archive und Universtätsbibliotheken vorbereitet, die wichtige neue Erkenntnisse zur Archivierung elektronischer Unterlagen und zur Internetpräsentation von Findmitteln und Archivgut erbracht hat.
Finanzierung
Diese Intensivierung der archivwissenschaftlichen Forschungsarbeit wurde befördert durch die Unterstützung der Landesregierung in Wiesbaden, die der Archivschule seit 1996 einen neuen Finanzierungsrahmen eingeräumt hat. Sie wirtschaftet seitdem wie ein Unternehmen, das alle zu verbrauchenden Mittel zunächst selbst erwirtschaftet. Das betrifft auch die Gehälter der Beschäftigten. Das Land Hessen zahlt wie alle anderen Länder einen festen Preis für hessische Teilnehmer. Allerdings sichert es den laufenden Betrieb durch die Bereitstellung und die Herrichtung der Gebäude ab. Anfang 2001 werden wir ein neues Schmuckstück am Friedrichsplatz präsentieren können. Mit dieser neuen Finanzierungsstruktur sind für die Archivschule die Weichen für die Zukunft gestellt. Sie kann nun auch ausländischen Interessenten die Teilnahme an ihren Kursen ermöglichen.
Die Perspektiven
Die Archivschule Marburg ist nicht nur mit dieser Struktur, sondern auch mit ihren fachlichen Leistungen einmalig in Deutschland. Wie bei zahlreichen internationalen Kontakten oder auch in den Literaturlisten der Ausbildungseinrichtungen bis nach Kanada und Australien festzustellen ist, wird die Arbeit der Archivschule sehr genau verfolgt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Archivschule sind deshalb vergleichsweise viel im In- und Ausland unterwegs, um Vorträge zu halten oder an Arbeitsgruppen mitzuwirken. Prägnante aktuelle Beispiele sind die Mitarbeit an der Entwicklung einer internationalen Norm für Schriftgutverwaltung und an der internationalen Fachterminologie.
Die grenzüberschreitende Angleichung der Probleme in der Archivarbeit, die bei solchen Kooperationen deutlich feststellbar ist, wird in Zukunft Auswirkungen auf die Weiterentwicklung der Ausbildungsformen haben. Die Vorteile der bisherigen Strukturen müssen bewahrt werden. Gleichzeitig wird aber eine größere Öffnung nicht nur über die Finanzierung, sondern ebenso mit international anerkannten Abschlüssen erforderlich sein. Die bisherige Kooperation mit Universitäten in Vancouver, Pittsburgh, Ann Arbor, London und Amsterdam sollte dabei ausgeweitet werden. Es gibt dafür zahlreiche Felder, auf denen ein Austausch der Kompetenzen Synergieeffekte auslösen könnte. Wird einerseits an diesen Einrichtungen die reiche Erfahrung der Archivschule Marburg auf dem Gebiet der Archivwissenschaft nachgefragt, so können wir in großem Ausmaß von den dortigen Erfahrungen mit dem Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel lernen. Doch geht es dabei nicht um die schlichte Übertragung oder die Übernahme von Formen oder Inhalten. Gemeinsame Ausbildungsgänge mit austauschbaren Einheiten können beiden Seiten sinnvolle Ergänzungen liefern. Gemeinsame Forschungsprojekte etwa auf dem Gebiet der Internetpräsentation von Findmitteln und Archivgut, die durch die Ablösung von HTML durch XML revolutioniert werden wird, können die Spezialkenntnisse der verschiedenen Einrichtungen in zukünftige Entwicklungen integrieren und so gemeinsam die Leistungsfähigkeit dieses spannenden Berufs in der elektronischen Welt voranbringen.
Archivarinnen und Archivare sind Spezialisten für die Vergangenheit. Doch hat dieser Beruf gerade deshalb ein enormes Zukunftspotential. Denn die Zeiträume, in denen heutige Entscheidungen wirken, werden im Bewußtsein der Gesellschaft immer länger. Man braucht Kompetenzen, um mit einer Zukunft umgehen zu können, die nicht vorhersehbar und genauso wenig vorherbestimmbar ist und trotzdem schon auf die Gegenwart einwirkt. Der einzige Weg dazu ist das Lernen aus Erfahrungen. Vergangene Ereignisse und Entscheidungen haben den großen Vorteil, daß sie zusammen mit ihren Wirkungen erkennbar sind. Für das verantwortungsvolle Stellen von Weichen für die Zukunft ist die offene, zugängliche und verfügbare Vergangenheit unverzichtbar. In dieser Bereitstellung der Erfahrungen liegt die Aufgabe und die große Chance des archivarischen Berufs. Dazu braucht er ein hohes Maß an breiten Fachkenntnissen, viel Energie und Motivation. Das wird der Archivschule Marburg Richtschnur für ihre weitere Arbeit sein.
Angelika Menne-Haritz
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Das Ginkgo-Blatt ist für uns Programm
Es stammt vom Baum vor unserem Haus.
Es ist zwei in eins, ebenso wie:
- Vergangenheit und Zukunft als Aufgabe von Archiven
- Institut und Fachhochschule für eine einheitliche Berufsausbildung
- Ausbildung und Fortbildung als Qualifikationsgrundlage für den Beruf wie als Spezialisierung für bestimmte Funktionen
- Qualifikation und Forschung für die Professionalisierung des Berufs
- Ost und West gemeinsam für ein deutsches Archivwesen in internationaler Zusammenarbeit - unsere Lage im geographischen Zentrum Deutschlands aber mit der nötigen Distanz zur Alltagshektik.
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50 Jahre Archivschule Marburg - Eine Ausstellung
Wie schon in den letzten Jahren, so sollte auch in diesem Jahr im Rahmen des Unterrichtsfaches Öffentlichkeitsarbeit der 36. Fachhochschulkurs eine Ausstellung erstellen. Im Jubiläumsjahr war es naheliegend sich mit der 50-jährigen Geschichte der Archivschule Marburg auseinanderzusetzen. Dabei wollten wir keine Chronik der Archivschule ausstellen, sondern die Institution in ihrem Umfeld darstellen.
In einer ersten großen Gruppe werden deshalb Themen behandelt, die die Entwicklung der Archivarsausbildung in Deutschland bis in die Mitte dieses Jahrhunderts und die Umstände der Gründung der Archivschule selbst behandeln. Es folgt eine Darstellung der Organisation und der Aufgaben der Archivschule bis in die heutige Zeit, sowie ein kurzer Abriß über die Gebäude in denen die Ausbildung heute stattfindet.
Ein zweiter großer Themenblock beschäftigt sich mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der 36 Fachhochschulkursen und 33 Wissenschaftlichen Kursen, die seit 1949 in Marburg ausgebildet wurden. Dazu haben wir je drei Kurse ausgesucht, die in verschiedenen Phasen der Entwicklung der Archivschule Marburg ausgebildet wurden. Dank der freundlichen Unterstützung der jeweiligen Kursmitglider konnte hier auch einige "private" Seiten des Aufenthalts in Marburg gezeigt werden.
Der letzte Teil unserer Ausstellung stellt fünf andere europäische Ausbilungseinrichtungen für Archivarinnen und Archivare vor und bietet so eine Vergleichsmöglichkeit mit der Ausbildung in Marburg.
Im folgenden sind die wichtigsten Texte aller Tafeln als kleines Begleitheft zur Ausstellung noch einmal zusammengestellt worden
Die Tafeln selbst werden bis zum 23.7.1999 im Staatsarchiv Marburg ausgestellt.
Karsten Uhde
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Die Entwicklung des Archivwesens
Archive als von herrschaftlicher Seite organisierte Sammlungen von genau bestimmtem Schriftgut gibt es seit der Zeit, als sich feste Staaten mit Verwaltung zur Herrschaftsausübung ausbildeten. So fanden Archäologen bei allen alten Hochkulturen Archive, in denen Gesetzestexte, Staatsverträge oder anderweitige Unterlagen von politischer Bedeutung aufbewahrt wurden. Meistens waren die Archive gleichzeitig mit Bibliotheken oder bestimmten Behörden und deren Schreibstuben (Kanzleien) verbunden. In den alten Hochkulturen hatten die Archive überwiegend rechtssichernde Bedeutung - eine Funktion, die sie lange Zeit auch in unserem Kulturbereich hatten. Die Archivalien waren anfangs bei den übrigen wertvollen Gegenständen des jeweiligen Besitzers in der Schatzkammer untergebracht (Schatzarchiv). Mit der Erstarkung der Territorien in Deutschland und den zunehmenden Spannungen zwischen den Fürsten und dem Reich waren zum Ausbau der eigenen Herrschaft eine Ordnung der eigenen Territorialverwaltung und deren Unterlagen notwendig, so daß mehr und mehr reine Archive eingerichtet bzw. aus den Schatzkammern und Behörden ausgegliedert und von den Hausarchiven getrennt wurden. Auch die Wiedereinführung des Römischen Rechts und die damit verbundene schriftliche Prozeßführung bedingte ein geordnetes Archivwesen auf Seite des Reichs (Archiv des Reichskammergerichtes). Auch die geistlichen Landesherren und die Klöster sowie die Städte führten eigene Archive.
Wie die Archive selbst, so veränderte sich auch der Beruf des Archivars. Verrichteten im alten Rom und Griechenland Staatssklaven die Arbeit der Archivare, so wurde sie in der Karolingerzeit von Geistlichen ausgeübt. Später stellten die Archivbesitzer Juristen als Archivare ein, da diese über das nötige Fachwissen verfügten. Die Ausbildung der studierten Juristen zu Archivaren erfolgte durch die Praxis. Erst im letzten Jahrhundert wurden in Europa die ersten Ausbildungsstätten für Archivare eingerichtet. 1821 erfolgte die Gründung des École des Chartes in Frankreich sowie der Bayerischen Archivschule und 1854 die des Institutes für Österreichische Geschichtsforschung in Wien. Im Deutschen Bund und später im Deutschen Kaiserreich gab es allerdings vorerst noch keine richtige Archivarsausbildung.
Dorothee Sattler
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Die Archivarsausbildung in Deutschland vor 1945
Die Preußische Archivschule Marburg 1894 - 1904
Im Gegensatz zu Frankreich, Österreich und Bayern gab es in Preußen keine Ausbildung für Archivare. Der Marburger Privatdozent Paul Fridolin Kehr wurde auf diesen Zustand aufmerksam und wandte sich deswegen 1892 an Heinrich von Sybel, Direktor der preußischen Staatsarchive und Professor für mittelalterliche Geschichte in Marburg. Wie in Frankreich, Österreich und Bayern sollte in Preußen ein Seminar für die hilfswissenschaftlichen Studien und für die archivarische Ausbildung gegründet werden. Als Standort dieses Seminars kam nur eine Universitätsstadt mit Staatsarchiv in Frage, an deren Universität nicht schon bereits ein Seminar für Historische Hilfswissenschaften existierte, da dieses für die archivarische Ausbildung personell und strukturell hätte umstrukturiert werden müssen, so daß die Wahl schließlich auf Marburg fiel. Zwischen Kehr und von Sybel herrschten jedoch Unstimmigkeiten über den Aufbau, die Aufgabe und den Lehrplan der Archivschule. Mit dem Beschluß zur Einrichtung eines Archivarischen Institutes setzte sich von Sybels Entwurf durch, der von den zuständigen Behörden genehmigt wurde. Das Seminar erhielt den Status einer institutionellen Einrichtung unter der Leitung des zum Direktor ernannten Kehr und wurde fortan als "Marburger Archivschule" bezeichnet.
Zum Sommersemester 1894 nahm die Archivschule mit dem Seminar für die Historischen Hilfswissenschaften ihre Tätigkeit unter dem Vorsitz einer Kommission auf, nachdem die Gründung durch den Präsidenten des Staatsministeriums am 6. April 1894 bekanntgegeben und eine Prüfungsordnung erlassen worden war. Die Einrichtung der Archivschule Marburg wurde allerseits begrüßt, da nun auch Preußen über eine Institution verfügte, wie sie im Ausland bereits etabliert war.
Kehr sah allerdings sein eigentliches Anliegen - die Verbesserung der Ausbildung von Hochschullehrern und im historischen Bereich Tätigen - nicht erfüllt und folgte schon 1895 einem Ruf an die Universität Göttingen. Auch seine Nachfolger blieben nur relativ kurz in ihrem Amt, so daß die Archivschule keine eigen-ständige Tradition begründen konnte. Aufgrund des geringen Nachwuchsbedarfes und der schlechten Berufsaussichten verlegte von Sybels Nachfolger Reinhold Koser die Prüfungskommission, auf die sich die Archivschule reduziert hatte, im Jahre 1904 nach Berlin. Dort wurden nun, auf Grundlage der 1906 beschlossenen Ausbildungs- und Prüfungsordnung, Archivkurse am Geheimen Staatsarchiv in Verbindung mit der Universität Berlin abgehalten.
In Marburg blieb das Seminar für die Historischen Hilfswissenschaften bestehen und wurde nach 1922 mit der mittelalterlichen Abteilung des Historischen Seminars verbunden.
Das Institut für Archivwissenschaft und geschichtswissenschaftliche Fortbildung in Berlin - Dahlem 1930 - 1946
Am 30. September 1930 wurde in Berlin-Dahlem das Preußische Institut für Archivwissenschaft und geschichtswissenschaftliche Fortbildung (IfA) zur Ausbildung von Archivaren und zur Weiterbildung von Historikern eingerichtet. Auch hier wählte man als Standort eine Stadt mit Universität und Staatsarchiv, dem Geheimen Staatsarchiv Preußens. Das Institut unterstand dem preußischen Ministerpräsidenten und dem preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung.
Die Leitung des IfA hatte der Generaldirektor der preußischen Staatsarchive, Albert Brackmann, der die Dozenten aus den wissenschaftlichen Beamten des Geheimen Staatsarchivs und aus Professoren der Universität Berlin sowie Gastdozenten berufen konnte. Der Direktor war für die Erstellung des Lehrplanes verantwortlich und entschied über die Aufnahme der Archivaspiranten, die auf 20 Personen pro Semester beschränkt war. Das Auswahlverfahren erfolgte nach Zeugnissen, wissenschaftlichen Arbeiten und nach persönlicher Vorstellung vor dem Direktor. Neben der entsprechenden fachlichen Voraussetzung (Studium mit Promotion und Staatsexamen für das höhere Lehramt) waren auch Kenntnisse in Latein und weiteren Fremdsprachen Bedingung für die Aufnahme.
Zusätzlich richtete man 1936 einen Lehrgang für den gehobenen Archivdienst ein, dessen Vorbereitungszeit drei Jahre dauerte und wie der des höheren Dienstes unvergütet war. Der Anwärter sollte in eineinhalb Jahren praktische Erfahrung in einem Staatsarchiv sammeln und in einem Praktikum bei einer entsprechenden Behörde das Rechnungs- und Kassenwesen kennenlernen. Das letzte Jahr diente der fachlichen Ausbildung am Institut in Berlin-Dahlem. Voraussetzung für diesen Ausbildungsweg war der Besuch der Schule bis zur Unterprima (neun Jahre) sowie Kenntnisse in Latein und mindestens einer modernen Fremdsprache. Vor Ausbildungsbeginn mußte der Anwärter zwei Jahre in einer Behörde oder einem Archiv tätig gewesen sein.
1938 wurde die Ausbildung an "der Bayerischen Archivschule" und am "Institut für Österreichische Geschichtsforschung" nach preußischem Vorbild vereinheitlicht. Ab 1943 wurde für Kriegsteilnehmer eine theoretische Ausbildung von einem halben Jahr Dauer eingerichtet, die sich auf Geschichte, Archivwissenschaft und nationalsozialistische Weltanschauung beschränkte. Mit dem Abbruch des neunten wissenschaftlichen Lehrganges kurz vor Kriegsende endete das Institut für Archivwissenschaft und geschichtswissenschaftliche Fortbildung.
Dorothee Sattler
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Die Gründung der Archivschule Marburg
Nachdem am Ende des Krieges die Ausbildung in Berlin eingestellt worden war, wurde von verschiedenen Seiten bereits 1946 wieder die Eröffnung einer Ausbildungsstätte für Archivarinnen und Archivare erwogen. Da Berlin aufgrund der politischen Lage, aber auch wegen der großen Zerstörungen nicht in Frage kam wurde über alternative Standorte nachgedacht. Dabei favorisierte man in der Britischen Zone Münster, in der Amerikanischen Zone hingegen Marburg. Für Marburg sprach neben der nahezu unzerstörten Stadt die reiche Überlieferung des Staatsarchivs und das Vorhandensein eines Lehrstuhls für Historische Hilfswissenschaften.
Im Gegensatz zu den Plänen Bauermanns (Münster) und Vollmers (Düsseldorf) für eine von Universität und Staatsarchiv unabhängige Ausbildungseinrichtung, wurde in Marburg die Verbindung mit dem Staatsarchiv geplant.
Da die Finanzierung zweier Ausbildungsstätten neben der in München wieder entstehenden bayerischen Archvischule nicht möglich schien, einigte man sich schließlich auf Marburg.
Bei der Planung der Ausbildung orientierte man sich zunächst am Berliner Vorbild. Der Vorläufige Studienplan, der dem Referenten im Hessischen Ministerium für Erziehung und Volksbildung Sante im März 1947 vorgelegt wurde, umfaßte vier große Bereiche: 1. die Historischen Hilfswissenschaften, 2. die Archivwissenschaft, 3. die Aktenlehre und 4. die historischen Fächer.
Der Beginn der Ausbildung verzögerte sich jedoch mehrfach, nicht zuletzt auch immer wieder aufgrund der schlechten Finanzlage. Der Leiter des Marburger Staatsarchivs Ludwig Dehio merkte dann auch im Herbst 1948 an: "Diese anmutige Seeschlange, genannt Archivschule, schlängelt sich nunbis ins nächste Jahr hinüber".
1949 konnte dann endlich am 2. Mai die Ausbildung aufgenommen werden. Der 1. Wissenschaftliche Kurs umfaßte schließlich elf Mitglieder.
Erst einen Monat später, am 2. Juni 1949 wurde die Archivschule feierlich im heutigen Ausstellungssaal des Staatsarchivs Marburg eröffnet.
Die Aufnahme der Ausbildung fand allgemein ein sehr positives Echo. Vom ersten Nachkriegsarchivtag in Wiesbaden waren viele Kolleginnen und Kollegen der Einladung zur Teilnahme an der Eröffnung gefolgt. Aber auch im Ausland wurde die Neugründung der Archivschule begrüßt, wie nicht nur die Anwesenheit belgischer und Niederländischer Archivare, sondern auch die Grußadressen aus den USA zeigen.
Am 1. November 1950 wurde mit der Ausbildung des gehobenen Dienstes begonnen, wenn der erste Kurs auch nur 5 Personen umfaßte.
Über die Erfahrung mit diesen beiden Kursen wurden umfangreiche Berichte verfaßt, die in beiden Fällen zu einer positiven Bewertung des Neuanfangs führten, und in der Fachzeitschrift "Der Archivar" veröffentlicht wurden.
Karsten Uhde
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Am 2. Juni des Jahres 1949 wurde die Archivschule Marburg, nachdem mit den ersten Planungen zur Begründung einer solchen Einrichtung schon 1946 begonnen wurde, eröffnet.
Die Trägerschaft für die Schule übernahm das Land Hessen, bei welchem sie noch bis heute liegt. Doch der Konzeption als Ausbildungsstätte für die gesamte Bundesrepublik folgend, wurde der Archivschule ein Beirat zur Seite gestellt, in dem die Bundesländer unterstützende Funktionen in organisatorischen und Ausbildungsfragen wahrnehmen und in welchem die Archivverwaltungen der Bundesländer und des Bundes, der Kommunen und Kirchen vertreten sind.
Bis 1993 war die Archivschule Teil der Aufgabe des Staatsarchivs Marburg, dessen Direktor außer der Leitung des Archivs gleichzeitig auch die der Archivschule Marburg oblag. Der überwiegende Teil des Unterrichtes wurde in den Räumen des Staatsarchivs von Personal des Hauses durchgeführt.
Die durch den Lehrbetrieb im Vergleich zu anderen Staatsarchiven gesteigerten Kosten wurden durch ein eigenes Finanzierungsmodell aufgefangen. Denn die im hessischen Landeshaushalt für die Archivschule bereitgestellten Mittel werden auf Beiträge umgelegt, die von den Archivverwaltungen des Bundes und der Länder entrichtet werden.
Da die Archivschule in erster Linie zur Aufgabe hatte, den archivarischen Nachwuchs für Länder, Kommunen und andere öffentliche Archivträger auszubilden, wurde sie nicht als Hochschule mit freier Immatrikulation eingerichtet. Dadurch war jedoch nicht ausgeschlossen, daß auch Extraneer aufgenommen wurden.
Das Jahr 1988 markiert den Beginn der Trennung der Archivschule vom Staatsarchiv Marburg. Durch diesen Schritt wurde die Voraussetzung zu einer vermehrten Konzentration auf die Ausbildungserfordernisse in einer ständigen Veränderungen und erhöhten Anforderungen unterworfenen Berufswelt geschaffen. Darüber hinaus wurde hiermit ein Ort geschaffen, an dem sich gezielte archiv-wissenschaftliche Forschung ansiedeln ließ und der zu einem Sammelpunkt für die berufliche Fortbildung wurde.
Die Archivschule war seit dem Zeitpunkt ihrer allmählichen Ausgliederung aus dem Staatsarchiv Marburg bis 1993 in zwei Abteilungen untergliedert, die die Ausbildung im Archivreferendariat für den höheren Dienst und, mit den Aufgaben einer Verwaltungsfachhochschule betraut, für Archivinspektorenanwärter des gehobenen Dienstes organisierte. Mit dem Beginn ihrer Existenz als eigenständige Einrichtung 1994 wurde die zweiteilige Abteilungsgliederung in eine einheitliche, an Funktionen und Fachgruppen orientierte Struktur umgewandelt. Obwohl damit das Institut und die Fachhochschule als Abteilungen aufgelöst wurden, bestehen die Namen "Institut für Archiv-wissenschaft" sowie "Fachhochschule für Archivwesen" als zusammenfassende Bezeichnungen für die Ausbildungen des höheren bzw. gehobenen Dienstes fort. Grundsätzliche Fragen der Ausbildungsinhalte, der Organisationsstruktur und der Finanzierung entscheidet auch weiterhin der Beirat. Er tritt unter dem Vorsitz des zuständigen Referatsleiter im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, dem die Archivschule nachgeordnet ist, in der Regel ein- bis zweimal jährlich zusammen.
Das Institut für Archivwissenschaft
Das Institut für Archiv-wissenschaft ist derjenige Teil der Archivschule Marburg, der für die Ausbildung des höheren Dienstes zuständig ist.
In den 50 Jahren des Bestehens der Archivschule Marburg sind hier 680 Archivreferendarinnen und Archivreferendare — überwiegend nach Abschluß eines Geschichtsstudiums mit der Promotion — in einem postuniversitären Ausbildungsgang für den höheren Dienst ausgebildet worden, die an ihren späteren Wirkungsstätten vielfach nicht nur Fachaufgaben, sondern auch Leitungsfunktionen wahrgenommen haben.
Die zweijährige Ausbildung der Referendarinnen und Referendare teilt sich bisher in einen halbjährigen praktischen Vorbereitungsdienst, der der Einführung in die Arbeit in den Archiven dient, und in den anderthalb Jahre dauernden wissenschaftlichen Lehrgang an der Archivschule in Marburg und am Bundesarchiv in Koblenz, zu dem die Archivreferendare von ihren Heimatarchiven abgeordnet werden. Der Archivschullehrgang besteht aus fünf Trimestern in Marburg und in Koblenz. Übungen an Urkunden und Akten von je vier Wochen Dauer in Marburg und einer Bewertungsübung von drei Wochen Dauer in Koblenz schließen sich an die einzelnen Ausbildungsabschnitte an.
In mehr als 1000 Lehrveranstaltungsstunden werden vor allem archivwissenschaftliche und geschichtliche Lehrfächer behandelt. Großen Raum nehmen auch die Historischen Hilfswissenschaften sowie Aktenkunde ein. Gastvorträge ausländischer Archivare unterrichten über das Archivwesen anderer Länder und dienen der Pflege der internationalen Beziehungen der Archivschule. Ebenso gehören Besichtigungen und Ausflüge zum Ausbildungsprogramm, und einen besonderen Höhepunkt für jeden Kurs stellt die große einwöchige Exkursion in das europäische Ausland dar.
Die Fachhochschule für Archiv-wesen
Diejenige Untereinheit der Archivschule Marburg, die mit der Durchführung der Ausbildung des gehobenen Dienstes beauftragt ist, trägt die Bezeichnung "Fachhochschule für Archivwesen". Den Namen Fachhochschule führt sie allerdings erst seit 20 Jahren, als ihr gesetzlich die Aufgaben einer Verwaltungsfachhochschule sinngemäß übertragen wurden. Der Archivschulbeirat hat seither die Aufgaben eines Kuratoriums nach dem Verwaltungsfachhochschulgesetz. Neu geschaffen werden mußte ein Fachhochschulrat in der Rolle des Fachbereichsbeirates, der im Dezember 1980 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat.
Während zu Beginn der Ausbildung des gehobenen Dienstes im Jahre 1950 der Vorbereitungsdienst bei einer Gesamtdauer von drei Jahren einen einjährigen Aufenthalt an der Schule in Marburg vorsah, ist bei gleicher Länge der Ausbildung der Anteil der fachtheoretischen Studien in Marburg auf 18 Monate gewachsen. Im Unterschied zu den Absolventen des höheren Dienstes, die mit dem erfolgreichen Ablegen der Prüfungen sofort ihren Abschluß als Assessorin oder Assessor erhalten, wird den Anwärtern des gehobenen Dienstes der Titel "Diplomarchivar (FH)" erst am Ende der dreijährigen Ausbildungszeit und nach Bestehen der Staatsprüfung im Heimatarchiv zuerkannt. Bis es soweit ist, werden in der Zeit an der Archivschule in Marburg in rund 1500 Unterrichtsstunden ebenso wie bei den Referendaren, jedoch dem berufspraktischen Anforderungungsprofil angepaßt, Inhalte aus den Bereichen Archivwissenschaft, Geschichte und Historische Hilfswissenschaften vermittelt. Analog zu den ausbildungsbegleitenden Besichtigungen und Ausflügen des höheren Dienstes runden solche Veranstaltungen auch den Unterricht der Inspektorenanwärter ab. Und gleichermaßen haben die großen Exkursionen, deren Ziele sich allerdings auf die deutsche Archivlandschaft beschränken, einen besonderen Platz im Kurrikulum eines jeden Fachhochschulkurses.
Das Fortbildungsprogramm
Zu den Aufgaben der Archivschule Marburg gehört nicht nur die fachtheoretische Ausbildung der Anwärter des gehobenen und der Referendare des höheren Archivdienstes, sondern sie ist gleichzeitig auch eine Stätte der beruflichen Qualifikation für Seiteneinsteiger sowie eine Weiterbildungseinrichtung für ausgebildete Archivare.
Das Programm bietet vielfältige Elemente für eine zielorientierte Qualifizierung an. Die Schwerpunkte liegen in den beruflichen Bereichen, die vom Wandel der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen besonders geprägt sind. Die Kurse werden von erfahrenen Archivarinnen und Archivaren vorbereitet und durchgeführt, die aufgrund ihrer besonderen fachlichen Kompetenzen um die Leitung dieser Veranstaltungen gebeten wurden. Vielfach werden auch Gruppenarbeiten und Planspiele eingesetzt. Zum Abschluß findet eine schriftliche Evaluation statt und die Teilnahme wird bescheinigt.
Das aktuelle Angebot enthält drei Gruppen von Veranstaltungen.
Die unter GK — Grundkurs — zusammengefaßten Seminare richten sich an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Archiven ohne archivarische Fachausbildung, die jedoch Kenntnisse der archivischen Arbeitsabläufe und Verfahren benötigen oder sich auf speziellen Gebieten weiterqualifizieren möchten.
Mit ASK — Aktualisierung von Schlüsselkompetenzen — sind Kurse überschrieben, die ausgebildeten Archivaren moderne Erkenntnisse und Verfahren für die neuartigen Anforderungen ihrer Berufspraxis vermitteln sollen.
Hilfestellung beim Beschreiten neuer Wege im Berufsleben bietet engagierten Archivarinnen und Archivaren die dritte Gruppe von Veranstaltungen SIK — Schwerpunktbildung bei Innovationskompetenzen — durch Bereitstellung und Weitergabe von Wissen zu Bereichen, die das klassische Profil archivarischer Tätigkeit verlassen.
Die Veröffentlichungsreihe
Die Anfänge der Veröffentlichungsreihe der Archivschule Marburg liegen in den ’60er Jahren. Seitdem hat sie kontinuierlich Zuwachs erhalten, so daß die Liste der in der Reihe erschienenen Titel mittlerweile 30 Einträge zählt.
Waren die ersten Werke noch aus Zusammenstellungen von Unterrichtsmaterialien einiger der damaligen Dozenten erwachsen, um einen Grundstock an nicht nur für die Ausbildung verwendbarer Fachliteratur zu schaffen, entwickelte sich die Reihe jedoch mit der Zeit zu einer Serie von Beiträgen zur archivwissenschaftlichen Forschungsdiskussion.
Die Konzeption und Betreuung der Veröffentlichungsreihe obliegen vollständig der Archivschule Marburg. Im Durchschnitt werden jedes Jahr vier Bücher wieder aufgelegt, beziehungsweise neu veröffentlicht.
Ebenso werden Verkauf und Versand von den Kräften des Hauses abgewickelt. Der Abverkauf erfolgt sowohl über den Buchhandel als auch per Direktbestellung. Weiterhin wird ein gewisser Teil der Auflagen auch unmittelbar vor Ort von den Kursteilnehmern erworben.
Die Dynamik des Verkaufes wird hauptsächlich von den "Klassikern" und Neuerscheinungen bestimmt.
Diese "Klassiker" erfreuen sich vor allem unter den Auszubildenden, aber auch unter genealogisch und historisch interessierten Personen großer Beliebtheit und gehören zu der Gruppe von Schriften, die oft schon seit den ’60er Jahren erscheinen. Neben diesen Long-sellern erreichen vor allem Neuerscheinungen innerhalb der ersten zwei Jahre vergleichsweise hohe Verkaufszahlen.
Andreas Rohloff
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Geschichte der Gebäude der Archivschule Marburg
1899 erwirbt der Architekt Wilhelm Spahr die beiden Grundstücke in der Flur 20, Flurstück 972/30, 973/30 und 1006/30.
Am 5.5.1900 wird von W. Spahr für sein Grundstück Bismarckstraße 32 ein Bauantrag für ein Wohnhaus eingereicht. Nach der Genehmigung der Bauanträge ist der Bau offenbar schnell erfolgt, wie aus der Datierung über der Eingangstür zu entnehmen ist. Das Grundstück Liebigstraße blieb zunächst unbebaut.
Für die Jahre bis 1930 liegen keine weiteren Hinweise auf Baumaßnahmen vor. Allerdings scheint Spahr Ende der 20er Jahre die Idee entwickelt zu haben, das bisher brach liegende Grundstück Liebigstraße 39 zu bebauen. Die Bauanträge wurden jedoch von der Bauverwaltung wegen erheblicher Verstöße gegen die Bauverordnung der Stadt Marburg nicht genehmigt.
In der Kriegszeit erlitt das Haus in der Bismarckstraße 32 einen Bombentreffer, so daß das 3. Stockwerk mit dem Dachgeschoß ausbrannte und der 2. Stock nicht mehr bewohnbar war.
Nachdem das Grundstück in der Liebigstraße 39 also weiterhin unbebaut blieb, finden sich erst 1951 weitere Hinweise auf eine künftige Nutzung.
Herr Otto Bangel beantragt die Errichtung eines Verkaufshäuschens, zum Obst- und Blumenhandel. Auch dieser Antrag wurde zunächst wegen des Verstoßes gegen die Bauordnung abgelehnt. Nach mehreren Veränderungen wurde dem Antrag im Laufe des Jahres 1952 dann doch noch stattgegeben. Am 14. 5.1954 stellten zudem die an der Schwanallee ansässigen Kinos Capitol, Rex und Gloria den Antrag, auf dem Grundstück der Liebigstraße 39 einen Schaukasten für ihr Kinoprogramm aufzuhängen. Diese Erlaubnis wurde 1955 mit der Auflage erteilt, daß der Schaukasten nicht an der Front Friedrichsplatz, sondern neben dem Verkaufsstand des Otto Bangel errichtet wird.
Beide Projekte wurden 1958 durch die Absicht der Kassenärztlichen Vereinigung, für sich ein neues Gebäude zu errichten, beendet. Nachdem die Projekte an Tuscheckenweg und in der Schwangasse schon im Vorfeld gescheitert waren, bemühte sich die Vereinigung erfolgreich um das Grundstück Liebigstraße 39, für das sie am13.3.1958 einen Bauantrag einreichte, der genehmigt wurde. Die Bauarbeiten, über die die OP mehrmals berichtete, zogen sich bis in das Jahr 1960 hin. Schließlich dachte man 1966 an einen Erweiterungsbau, der in den folgenden Jahren auch realisiert wurde und heute noch existiert.
Seit 1990 werden beide Gebäude zusammen mit der Bismarckstraße 32 von der Archivschule genutzt, der ältere als Bibliothekstrakt, der neuere beherbergt die Hörsäle.
Auch beim Altbau von 1900 kam es in den 60er Jahren zu einigen Veränderungen. So wurden 1960 Fenster in die Wand zum Grundstück Liebigstraße 39 eingefügt, die noch Jahre später zu Unstimmigkeiten zwischen den Nutzern beider Gebäude führten. 1963 plante die damalige Besitzerin Frau Müller-Herget den Ausbau des Dachgeschosses, und erst 1965 wurde das Haus als vollständig repariert und ausgebaut gemeldet, zugleich mit dem Nutzungsänderungsantrag, denn das Haus sollte an die Uni übergeben, und wurde 1970 dem Staatsbauamt zur Nutzung überantwortet. Seit 1990 ist die Archivschule Marburg mit ihren Büroräumen hier untergebracht. Da das fast 100 Jahre alte Gebäude inzwischen einige Mängel aufweist, wird es seit dem Juni 1999 zusammen mit den beiden Nachbargebäuden renoviert.
Matthias Haupt
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Der 8. Wissenschaftliche Referendarkurs 1965-1967
Am 4. Oktober 1965 begann der mit 24 ReferendarInnen bis dahin stärkste Kurs. Gleichzeitig trat auch eine neue Prüfungsordnung in Kraft. Seit 1964 wurden zwei Kurse parallel ausgebildet. Der 7. Inspektorenlehrgang mit 22 Teilnehmern war so Begleiter bis zum September 1966. Die Kontakte untereinander waren gut.
Zwei Kurse stellten allerdings auch erhebliche Ansprüche an Lehrpersonal, Bibliothek und Räumlichkeiten. Das Staatsarchiv litt v.a. durch die Belegung mit der Bibliothek der Philipps-universität bis Oktober 1967 an Raumnot. So fand der Unterricht des Kurses im Dachraum des Staatsarchivs statt, während der Inspektorenkurs einen Raum in der ehemaligen Dienstbibliothek bezog. Die Überbeanspruchung des Lehrpersonals, das auch allgemeine Archivarbeiten, Beratungs- und Projekttätigkeiten wahrzunehmen hatte, zeigt die relativ ergebnislose Ausschreibung einer Dozentenstelle 1965. Bis auf die Änderungen 1964/65 - Einstellung von Dr. Philippi und Dr. Korn, sowie Tod Dr. Kellners - blieb der Lehrkörper stabil. Altbewährte Dozenten lehrten dabei neben wesentlich jüngeren Kräften wie Eckhardt, Franz und Korn. Entlastung sollte der verstärkte Einsatz von Gastdozenten bringen, die nach einem Beiratsbeschluß vom 8. März 1965 u.a. von Verwaltungen ohne festen Jahresbeitrag zur Verfügung gestellt werden mußten.
Der Lehrplan zeigte kaum Veränderungen, da sich "die Ausbildung ... in den allgemeinen Grundsätzen seit 1949 bewährt" hatte. Lediglich das Fach archivische Rechtskunde war neu. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte wurde durch Gastvorlesungen abgedeckt. So hielt der Stadtarchivar Dr. Vilfan, Laibach, im Nov. 1965 einen Vortrag über agrargeschichtliche Forschungen. Im Juli 1966 sprach Generalarchivar Dr. Sabbe, Brüssel, über Europäische Wirtschaftsarchive und im Jan. 1967 las Prof. Bautier, Paris, über Quellen mittelalterlicher Wirtschaftsgeschichte.
Im Gegensatz zu der heutigen Praxis bestand eine Anwesenheitspflicht von 8 - 17 Uhr. Ein Teil dieser Zeit wurde durch Lehrveranstaltungen in Form von Semesterveranstaltungen oder Blockseminaren abgedeckt.
Es lehrten: Dr. Cramer (Hist. Geographie und Landesgeschichte, Geschichtliche Landeskunde Deutschlands, Archivgeschichte), OAR Dr. Demandt (Genealogie, Sphragistik und Heraldik), der Leiter des StA und der Archivschule ADir Prof. Dr. Dülfer (Verwaltungsgeschichte, Formenkunde des behördlichen Schriftgutes mit Korn), AR Dr. Eckhardt (Kirchen-, Liegenschafts-, Personen- und Familienrecht, Restaurierung mit Ritterpusch, Ordnungsübungen), AR Dr. Franz (Verzeichnung, Studienfahrten, Mentor), Prof. Heinemeyer (Hist. Hilfswissenschaften, Diplomatik, Germanistik), Dr. Korn (Paläographie Neuzeit, Assistenz bei Dülfer), AR Dr. Philippi (Französisch). ADir a.D. Dr. Papritz las Archivwissenschaft.
Neben den Lehrveranstaltungen verzeichnete der Kurs unter Leitung von Dr. Franz von Okt. 1965 bis März 1966 den Bestand 9a Ministerium des Kurfürstlichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten. Im Sept./Okt. 1966 wurden die Bestände 180 LRA Schlüchtern, Hanau und Wolfhagen sowie Amtsbücher und Karten geordnet, verzeichnet bzw. klassifiziert. Neben regulären Lehrveranstaltungen fanden vorwiegend in Blöcken Gastvorlesungen z.T. mit Übungen statt. Das Spektrum reichte dabei von allgemeinen und übergreifenden Themen bis hin zu Problemen und Aufbaufragen im Archivwesen des In- und Auslandes. Prof. Berghaus, Münster, hielt Vorlesungen zur Münz- und Geldgeschichte, ADir Dr. Kohte, Koblenz, las über Bild-, Film- und Tonarchive und über "Reprographie in den Archiven" mit Übungen und RegDir Pieper über Haushalts- und Rechnungswesen. Über Probleme des Archivwesens im Inland lasen z.B. Dr. Haase für Niedersachsen, Dr. Miller für Baden-Württemberg und Dr. Bruchmann zum Bundesarchiv. Prälat Dr. Hoberg sprach über das Vatikanische Archiv Rom, Dr. Hardenberg über Archive der Niederlande und Dr. Gandilhon über Probleme des französischen Archivwesens.
Die große Exkursion vom 10. — 15. Oktober 1966 unter Leitung von Prof. Dülfer zusammen mit Dr. Franz führte mit Zug und Schiff nach Norddeutschland und Dänemark. Zudem führten Dr. Cramer landesgeschichtliche Lehrausflüge (6.7.66 Lich-Büdingen-Gelnhausen-Friedberg -Münzenberg, 29.9.66 Alsfeld- Fulda-Adolfseck-Hersfeld) und Dr. Eckhardt rechtsgeschichtliche Exkursionen (8.6.66 Gerichtslindenexkursion,14.12.66 Schweinsberg) durch.
Eine Einbindung der Referendare in Projekte - unter Leitung von Dr. Philippi lief das VdA-Projekt "Guide des sources de l´histoire de l´Afrique noire" - oder Ausstellungen z.B. zur Hessischen Verfassungsgeschichte erfolgte nicht. Der Besuch von Archivtagen war reine Privatsache. Der Lehrplan und besonders die Prüfungen stellten hohe Anforderungen vor allem im hilfswissenschaftlichen Bereich. Wenn auch zunächst die abzusitzende Dienstzeit mit verschiedensten Dingen sinnvoll zu gestalten versucht wurde (Dissertationen u.a.), so nahm in Prüfungsnähe die Beschäftigung mit Datierungen und Schriftbestimmungen auch außerhalb der Dienstzeit zu. Man übte zudem Rechtsgeschichte und gründete die "Gesellschaft zur Erforschung der Geheimnisse der lateinischen Sprache".
Die Prüfungen vom 20. Februar bis 22. März 1967 waren aus heutiger Sicht recht schwierig. Die Texte mußten dabei nicht nur nach heutigen Maßstäben transkripiert, sondern auch nach Schrift und Dialekt zeitlich und räumlich eingeordnet werden. Wörterbücher waren nicht zugelassen. Die schriftlichen Prüfungen fanden im Sitzungssaal des Landgerichtes statt.
Die Härten der Schule wurden von der Mehrzahl der Kursmitglieder durch eine möglichst sinnvolle Freizeitgestaltung ausgeglichen. Auf Anregung von Dr. Schäfer fanden Fußballspiele und Kegelabende statt. Der gute Sommer lud zu ausgedehnten Wanderungen und Badbesuchen z.B. in Rauschenberg und Holzhausen ein. Festivitäten wie Sommer- und Nikolausball sowie Fasching rundeten ein ausgewogenes Programm ab. Damit ging immer ein gutes Verhältnis zu den Dozenten einher, die sowohl zu diesen Feierlichkeiten, als auch zum Abschluß in den Waldecker Hof am 22.3.1967 zum Mittagessen geladen wurden. Ein kameradschaftliches Miteinander war und blieb bis heute für den 8. Kurs kennzeichnend.
Der Kurs auf einem Blick:
Steffen Schütze
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Archivarsausbildung in der DDR 1949-1990
Bei der Wiederaufnahme der Archivarsausbildung nach dem 2. Weltkrieg beschritt man in den beiden deutschen Staaten unterschiedliche Wege.
Die Gesamtleitung des staatlichen Archivwesens in der DDR oblag dem Ministerium des Innern, in dessen Verantwortlichkeit auch die Ausbildung fiel.
Die Archivarsausbildung vollzog sich in 3 Qualifikationsstufen. Dabei handelte es sich um die Ausbildung von "Diplomarchivaren" (Hochschulabsolventen), von "Staatlich geprüften Archivaren" (Absolventen der Fachschule für Archivwesen) und von "Facharbeitern des Archivwesens" (Archivassistenten).
Es bestand die Möglichkeit von einer Qualifikationsstufe aus, die nächsthöhere zu erreichen. Mit dieser Durchlässigkeit war ein sehr guter Archivassistent in der Lage, den Fachschulabschluß und darauf aufbauend den Hochschulabschluß zu erlangen.
Die Ausbildung zum "Diplomarchivar" erfolgte ab 1950 am Institut für Archivwissenschaft in Potsdam, später in Berlin. 1958 wurde das Institut der Humboldt-Universität zu Berlin angegliedert und 1968 mit der 3. Hochschulreform in den Bereich Archivwissenschaft der Sektion Geschichte umgewandelt. Voraussetzung für die postgraduale Ausbildung (2 - 3jähriges Zusatzstudium) war ein abgeschlossenes Hochschulstudium in einer anderen Wissenschaftsdisziplin. Neben der theoretischen Ausbildung erfolgten mehrwöchige Praktika an den Landes- bzw. Staatsarchiven. Die Ausbildung wurde 1967 erstmalig als 5jähriges Direktstudium (Voraussetzung nur noch Abitur) durchgeführt und ab 1971 auch als Fernstudium. Daneben gab es als 3. Möglichkeit die Ablegung einer Externenprüfung.
Die Ausbildung der "Staatlich geprüften Archivare" oblag ab ihrer Einführung 1950 dem Institut für Archivwissenschaft. Sie erfolgte bis zu ihrer Vereinheitlichung 1953 dezentralisiert am Deutschen Zentralarchiv in Potsdam und Merseburg und an den Landeshauptarchiven in Dresden, Magdeburg, Schwerin, Weimar und Potsdam, danach nur noch am Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Mit der Gründung der Fachschule für Archivwesen 1955 wurde neben dem Direktstudium die Möglichkeit für ein Fernstudium eröffnet und ab 1956 durchgeführt. Das Fernstudium an der Fachschule dauerte erst 3, dann 4 Jahre. Mit dem Studienjahr 1962/63 wurde auch die Ausbildungszeit im Direktstudium von 2 auf 3 Jahre verlängert. Die erste Phase wurde als zweijähriges Grund- und Fachstudium mit vorwiegend theoretischer Ausbildung und verstärkter Praxisverbundenheit gestaltet; die zweite Phase wurde als einjähriges Praktikum während des 3. Studienjahres im zukünftigen Einsatzbereich durchgeführt. Daneben gab es die Möglichkeit der Externenprüfung für Werktätige, die bereits 10 Jahre in einem Archiv fachbezogen tätig waren.
Die zweijährige Ausbildungsstufe zum "Archivassistenten", deren Voraussetzung der Abschluß der 10 Klasse war, wurde 1962 eingerichtet und bis Anfang der 90er Jahre durchgeführt. Die Lehrlingsausbildung wurde auf Grundlage von Lehrverträgen vorwiegend in Staatsarchiven aber auch in anderen dafür bestimmten Ausbildungsarchiven durchgeführt. Die berufstheoretische Ausbildung erfolgte an der Berufsschule in Potsdam. Durch die Erwachsenenqualifizierung war Mitarbeitern von Archiven die Möglichkeit gegeben, ihren Facharbeiterabschluß nachzuholen.
Andrea Buse
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Der 10. Inspektorenlehrgang 1970-1971
Am 1.4.1970 wurde der 10. Lehrgang des gehobenen Archivdienstes an der Archivschule Marburg eröffnet. Zu Beginn umfaßte er 31 Anwärter und Anwärterinnen, allerdings reduzierte sich die Zahl durch einen Abgang bereits zu Anfang auf 30 Personen.Anders als heute dauerte die Ausbildung an der Archivschule nur ein Jahr und es waren in dieser Zeit drei Monate für ausschließlich praktische Arbeiten innerhalb des Staatsarchivs Marburg vorgesehen.Die große Teilnehmerzahl hatte aber zur Folge, daß der Unterricht, der in den Räumen der heutigen Dienstbibliothek des Marburger Staatsarchivs stattfand, in beengten Verhältnissen gehalten werden mußte.Diese Raumnot löste unter anderem die Umbaumaßnahmen innerhalb des Staatsarchivs aus, durch die die heute bestehenden Hörsäle 1 und 2 geschaffen wurden.Zudem führte die große Teilnehmerzahl dazu, daß das Lehrpersonal stark beansprucht wurde, zumal nur der höhere Dienst im Staatsarchiv Marburg und einige wenige Gastdozenten die Inspektorenanwärter unterrichteten.
Die Fächer und Dozenten
Der 10. Inspektorenlehrgang wurde im wesentlichen durch den höheren Dienst des Staatsarchivs Marburg unterrichtet. Im einzelnen unterrichteten Dr. Fritz Wolff (Probeverzeichnung, Archivwissenschaft), Prof. Dr. Kurt Dülfer (Formenkunde, Beständeübersicht), Dr. Karl E. Demandt (Lateinische Urkunden, Historische Hilfswissenschaften), Dr. Claus Cramer (Deutsche Archiv- und Landesgeschichte), Dr. Hans Philippi (Deutsche und Verwaltungsgeschichte, Französische Aktenlektüre), Dr. Hans-Enno Korn (Paläographie der Neuzeit), Fotograf Wolfgang Leyh (Fototechnische Übungen), Dr. Wilhelm Alfred Eckhardt (Archivtechnik), Dr. Dascher (Einführung in die Wirtschaftsverwaltung) und die Dozenten, die nicht aus dem Staatsarchiv stammen, Dr. Barth (Bibliothekskunde), sowie Dr. Dörffeldt (Archivische Rechtkunde).
Zum regulären Unterricht zählten zudem Gastvorlesungen von zum Teil sogar ausländischen Referenten.
Über den Kurs
Der Lehrgang umfaßte 23 Anwärter aus staatlichen Archiven, 5 Anwärter aus kommunalen Archiven, einen Anwärter aus einem Kirchenarchiv und einen Anwärter aus dem Schweizerischen Bundesarchiv in Bern.Der größere Teil der Archivinspektor/innen hatte bereits einen längeren Ausbildungsweg (wie z.B. Studium) hinter sich gebracht, und somit war das Durchschnittsalter der Kursmitglieder relativ hoch.
Die Inspektorenanwärter hatten ihren Unterricht normalerweise vormittags, allerdings hatten sie (einschließlich des Freitagnachmittags) nachmittags Präsenzpflicht, d.h. sie führten in der Regel Verzeichnungsübungen durch.
Außer dem regulären Unterricht führte der Kurs natürlich auch Exkursionen durch. Eine große Exkursion vom 13.-16.10.1970 nach Franken (Nürnberg, Würzburg, Bamberg, Coburg), sowie der Besuch der Ausstellung des Bundesarchivs mit dem Titel "Das Werden der Bundesrepublik Deutschland" am 6.5.1970 in Wiesbaden rundeten den Unterricht ab. Außerdem besuchte der Kurs am 10.7.1970 das Stadtarchiv Frankfurt, sowie in Mainz das Gutenberg-Museum und die papiergeschichtlichen Sammlungen.
Vom 2.3. bis zum 27.3.1971 schloß der Kurs mit der theoretischen Fachprüfung ab. 29 Kursmitglieder bestanden auf Anhieb, eine Teilnehmerin bestand die Wiederholungsprüfung.
Anekdoten
Ein Kollege landete mit seinem Auto beinahe im Brunnen im Park vor dem Staatsarchiv.
Während der Exkursion, bei der ja auch in einem Kloster übernachtet wurde, spielten einige Anwärter bis 4 Uhr morgens Doppelkopf.
Einige Kursteilnehmer erledigten die Hausarbeit, Dülfers Generalkartei zu ordnen, in einer Kneipe in Amöneburg.
Seit der Kursabschlußfeier im Staatsarchiv sind die Ausgänge im selbigen mit dem Schild "Ausgang" gekennzeichnet.
Für 6 Kursmitglieder war die Folge der Archivschule der Gang vor den Traualtar:
Ewald Marschall heiratete Hanne Schmidt,
Rickmer Kiessling freite Gabriele Prüssner und
Wilfried Beutter ehelichte Herta Kampf.
Nach der Archivschulzeit gab es insgesamt noch 2 Treffen, bei der sich ein Teil der Telnehmer und Teilnehmerinnen von damals in Marburg traf. Das erste fand ca. 1974 und das zweite zum zehnjährigen Abschluß 1981 statt.
Die Mitglieder des Kurses
Jonas Eberhardt
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Die Archivarsausbildung in Österreich
Das Institut für Österreichische Geschichtsforschung, das an der Universität Wien angesiedelt ist, wurde 1854 gegründet. Aber erst zwanzig Jahre später, 1874, war in den Statuten des Instituts erstmals von Archiven die Rede. Bis dato wurden meist Juristen in den höheren Archivdienst eingestellt. Durch die Erwähnung der Archive in den Statuten wurde versucht, den Absolventen das Berufsfeld des Archivars besser zugänglich zu machen. Seit den 1890er Jahren war die Staatsprüfung am IfÖG Voraussetzung für die Aufnahme als Beamter in die Zentralarchive der Monarchie, die Statthalter- und Landesregierungsarchive Cisleithaniens (die österreichische Reichshälfte)und das Haus-, Hof- und Staatsarchiv.
Ab 1927 wurden in allen staatlichen Archiven nur noch Absolventen des IfÖG als Beamte angestellt. 1874 wurde auch im Lehrplan des Instituts erstmals auf die Belange der Archivare eingegangen, indem Archivkunde als Wahlfach angeboten wurde. Auch später gab es speziell auf Archivare ausgerichtete Fächer, doch im Allgemeinen liegt bis heute der Schwerpunkt auf den traditionellen hilfswissenschaftlichen Fächern.
Das IfÖG ist heute eine dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung unterstellte Einrichtung. Zum Lehrkörper des Instituts gehören ein ordentlicher und ein außerordentlicher Professor für Geschichte des Mittelalters und Historische Hilfswissenschaften, sowie zwei Ordinarien für Österreichische Geschichte und eine Professur für Kunstgeschichte. Zwölf weitere Universitätslehrer gehören dem Lehrkörper an.
Die Archivarsausbildung am IfÖG dauert drei Jahre und ist in ein Vorbereitungsjahr und einen zweijährigen Hauptkurs gegliedert. Die Ausbildung wird heute meist parallel zum regulären Geschichtsstudium an der Universität Wien durchgeführt. Um an dem Vorbereitungsjahr teilnehmen zu können, muß als Voraussetzung schon eine gewisse Anzahl von Semestern absolviert worden sein. Die Lehrveranstaltungen werden in Pflichtfächer und Wahlfächer unterteilt.
Die Pflichtfächer sind: Paläographie des Mittelalters, Schriftenkunde der Neuzeit, Diplomatik, Verfassungsgeschichte des Feudalzeitalters, Verfassungsgeschichte der österreichischen Länder im Mittelalter, Geschichte der Verfassung und Verwaltung Österreichs in der Neuzeit, Übungen zur Tätigkeit österreichischer Mittel- und Unterbehörden, Quellenkunde der österreichischen Geschichte mit Quellenlektüre, Übungen an Quellen zur Geschichte der österreichischen Städte und Länder, Sphragistik und Heraldik, Genealogie und Personenforschung, Münz- und Geldgeschichte, Kunstgeschichte, Museumskunde und Denkmalpflege, Archivkunde und Aktenkunde.
Die Wahlfächer bestehen aus Mittellatein, Editionstechnik, Kirchliche Verfassungsgeschichte des Mittelalters, Historische Landeskunde, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Grundlagen der österreichischen Verfassung und Verwaltung der Gegenwart, Fachinformatik und EDV- gestütztes Arbeiten, Statistik für Historiker, Astronomische Chronologie und Metrologie, Handschriftenkunde und audio-visuelle Quellen. Aus diesen Wahlfächern müssen drei ausgewählt werden.
Nach dem Vorbereitungsjahr muß eine Aufnahmeprüfung absolviert werden, um in den Hauptkurs aufgenommen zu werden. Zu diesem Zeitpunkt muß die erste Diplomprüfung in Geschichte oder eine gleichwertige Qualifikation nachgewiesen werden.
Die Prüfung besteht aus einer schriftlichen Sprachprüfung an einem lateinischem und einem französischem Text und einem mündlichen Teil in Österreichischer Geschichte, Paläographie, Schriftenkunde der Neuzeit und Verfassungsgeschichte des Feudalzeitalters. Danach beginnt der zweijährige Hauptkurs, in dessen Verlauf eine Staatsprüfungsarbeit verfaßt werden muß, die sich mit der Auswertung von Quellen befaßt. Nach der positiven Bewertung der Staatsprüfungsarbeit und der positiven Absolvierung der Pflichtfächer und der drei Wahlfächer muß noch eine Abschlußprüfung abgelegt werden. Dazu gehört eine schriftliche Prüfung in den Fächern Quellenkunde, Verfassungsgeschichte Österreichs, Lateinische Paläographie und Editionstechnik, Diplomatik, Chronologie und Kunstgeschichte.
Die mündliche Prüfung besteht aus den fünf schriftlichen Fächern sowie Aktenkunde und Archivkunde. Nach dem Bestehen der Prüfungen erhalten die Absolventen das Staatsprüfungszeugnis. Ein Teil der Vorlesungen am Institut kann auch auf das Geschichtsstudium an der Universität angerechnet werden. Zu der Ausbildung gehören auch noch Exkursionen in Österreich, sowie ein einwöchiges Seminar am Österreichischen Historischen Institut in Rom oder einer vergleichbaren wissenschaftlichen Einrichtung im Ausland. Dies ist jedoch abhängig von den finanziellen Möglichkeiten.
Anja Heinrich
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