Paul Flamme, Udo Herkert und Volker Viergutz
im Auftrag der Archivreferentenkonferenz des Bundes und der Länder vertreten durch den EDV-Ausschuß
Inhalt: 1.Einleitung
2. Technische Voraussetzungen, Kosten
2.1 Erstellen von HTML-Seiten für das WWW (Web-Seiten)
2.2 Hinterlegen der Web-Seiten auf einem Server mit Internet-Zugang (Web-Server)
2.3 Web/Datenbank-Verbindungen
2.4 Kosten
3. Umfang der archivischen Präsenz im Internet
3.1 Chancen und Perspektiven des Internet für das Archivwesen
3.2 Kommunikation mit Benutzern mittels E_Mail
3.3 Inhalte archivischer Web-Seiten im Internet
3.3.1 Grundsätzliche Hinweise
3.3.2 Strukturierung der Informationen und Leistungen ("Schichtenmodell")
Die Zahl der kulturellen und wissenschaftlichen Institutionen, die das Internet als weltweite "elektronische Bühne" nutzen, um ihre Arbeit einem möglichst breitem Publikum vorzustellen, neue Nutzerkreise zu erschließen und das Dienstleistungsangebot für ihre traditionellen Nutzer auszuweiten, nimmt auch in Deutschland ständig zu. Als Präsentationsmedium dient dabei fast ausschließlich der bedeutendste, beliebteste und am schnellsten wachsende Dienst des Internet, das World WideWeb (WWW). Die nachstehenden Vorschläge sind als Orientierungshilfe für staatliche Archive und Archivverwaltungen gedacht, die eine aktive Teilnahme am Internet durch die Präsentation eigener Seiten im WWW planen. Angesichts der ständigen Veränderungen, denen Internet und WWW - z.B. durch die Einführung leistungsfähigerer Versionen der Seitenbeschreibungssprache HTML (Hypertext Markup Language) - unterworfen sind, muß allerdings ausdrücklich auf den vorläufigen Charakter dieses Papiers hingewiesen werden.
2.1 Erstellen von HTML-Seiten für das WWW ("Web-Seiten")
Das Erstellen einfacher Web-Seiten kann auch von einem Archivar ohne Programmierkenntnisse relativ schnell erlernt werden. An Software benötigt man im einfachsten Fall lediglich einen Editor und einen Internet-Browser (z.B. Netscape Navigator, MS Internet Explorer, NCSA Mosaic). Ein komfortables HTML-Layout-Programm oder ein Textprogramm mit HTML-Filter (b.B. Winword 8.0, Star Office) kann die Arbeit allerdings spürbar erleichtern und verkürzen.
Grundsätzlich ist zu beachten, daß im WWW der visuelle Eindruck eine wichtige Rolle spielt. Text sollte daher durch eingestreute Grafikelemente und Abbildungen gegliedert und ergänzt werden. Andererseits sollten grafische Ausdrucksformen aber nicht zu intensiv verwendet werden, weil im Internet z.Zt. die Übermittlung großer Datenmengen, wie sie beim Digitalisieren farbiger Abbildungen entstehen, viel Zeit kostet und der Anwender daher unter Umständen minutenlang warten muß, bis eine mit Grafikelementen gespickte Web-Seite vollständig auf seinem Bildschirm erscheint. Angesichts dieser Sachlage empfiehlt sich für ein Archiv, das ansprechende Web-Seiten selbst erstellen möchte, der Kauf eines hochauflösenden Flachbett-Scanners mit Software zur Bildbearbeitung sowie zur Konvertierung und Komprimierung von Bilddateien (v.a. JPEG-Format). Diese Ausstattung ermöglicht es, Bilder, Grafiken oder ausgewählte Archivalien selbst zu digitalisieren und für die Präsentation im WWW aufzubereiten. Fehlt für eine solche Investition das Geld oder bleiben die grafischen Elemente der Web-Seiten praktisch unverändert, bietet es sich an, eine benachbarte Behörde, Bibliothek oder Hochschule, die einen Scanner besitzt, um Hilfe zu bitten.
2.2 Hinterlegen der Web-Seiten auf einem Server mit Internet-Zugang ("Web-Server")
Der Betrieb eines eigenen Web-Servers durch ein Archiv sollte allenfalls dann ins Auge gefaßt werden, wenn bereits längere Erfahrungen mit der aktiven Nutzung des WWW vorliegen und geplant ist, auf Dauer ein umfassendes Angebot an Dienstleistungen im WWW bereitzustellen, das insbesondere auch den Online-Zugriff von Nutzern auf elektronische Findmittel einschließt. Zunächst sollte jedes Archiv einen Einstieg suchen, der mit geringem personellen und finanziellen Aufwand verbunden ist. Falls nicht ein behördenübergreifender, landeseigener Informationsserver zur Verfügung steht, bietet sich in erster Linie die Kooperation mit dem Rechenzentrum einer nahegelegenen Hochschule oder Großbehörde an, das einen Web-Server betreibt und bereit ist, dem Archiv kostenlos Speicherplatz auf diesem Server einzuräumen. Müssen die Web-Seiten des Archivs nur selten ergänzt bzw. aktualisiert werden, ist ein Online-Verbindung des Archivs mit dem betreffenden Rechenzentrum nicht unbedingt erforderlich, weil in einem solchen Fall der Datentransfer auch über Disketten erfolgen könnte. Allerdings hätte das Archiv dann auch keinen passiven Zugang zum Internet und somit keine Möglichkeit, Web-Seiten anderer Archive als Vorlagen für die Gestaltung der eigenen Web-Seiten zu nutzen. Schon aus diesem Grund ist von einer derartigen Lösung abzuraten. Sofern das Archiv nicht bereits über eine Stand- oder Wählleitung an das Rechenzentrum angebunden ist, kann eine Wählverbindung am preisgünstigsten über ein Hochleistungsmodem (28.800 Bit/s) oder - bei einem ISDN-Anschluß - über einen ISDN-Adapter (64.000 Bit/s) realisiert werden. Kann der Netzübergang nicht durch ein Firewall-System geschützt werden, ist es sehr ratsam, als Endgerät einen Stand-Alone-PC zu wählen. Je nach übergeordnetem Sicherheitskonzept kann ein separater Telefonanschluß nötig werden.
2.3. Web-/Datenbank-Verbindungen
Will man ausführliche und differenzierte Beständeübersichten und Repertorien mit den typischen Möglichkeiten der Online-Recherche in Datenbanken wie Indexrecherche, Recherche in verschiedenen Feldern unter Verwendung der Boole´schen Operatoren, Hypertextfunktionen und strukturierte Ergebnisdarstellung im Internet anbieten, müssen die Informationen auf Datenbanken vorliegen. Datenbank- und Web-Server sind über eine geeignete Schnittstelle, ein sog. Web-/Datenbank-Gateway, miteinander zu verbinden. Unter dem Begriff Web-/Datenbank-Gateway werden z.Zt. sehr unterschiedliche Verfahren zur Anbindungen von Datenbanken ans Internet zusammengefaßt. Die jeweils vorhandene EDV-Infrastruktur und die eingesetzten Datenbankserver determinieren das in Frage kommende Verfahren.
Vom Prinzip her sind alle mit Hilfe datenbankgestützter Verzeichnungsprogramme aufgenommenen Findmittel, die in den Archiven oder in beauftragten Rechenzentren auf Datenbankservern bereitgestellt werden können, dazu geeignet. Allerdings kann die Anbindung bei wenig verbreiteten und proprietären Datenbanken, die nicht mit den definierten Standardschnittstellen arbeiten, erheblichen Programmierungsaufwand verursachen und eventuell nur vom Hersteller realisiert werden. Zudem kann eine Reorganisation der Datenbanken notwendig werden, um den Besonderheiten der Internetrecherche, Datenschutz- und Datensicherheitsbelangen sowie Aspekten der Resourcenbelastung der DV-Anlage Rechnung zu tragen.
Auch der aktive Einstieg in die Welt des Internet kann preiswert sein. Was die Software anbelangt, so fallen kaum Kosten an: Ein geeigneter Editor wird praktisch mit jedem gängigen Betriebssystem mitgeliefert. Ein WWW-Browser kann entweder kostenlos oder gegen eine geringe Lizenzgebühr erworben werden . Wenn ein komfortables HTML-Layout-Programm eingesetzt werden soll, wären dafür einige hundert Mark zu investieren (das Programm HotMetal z.B. kostet rund 400 DM). Sollen grafisch besonders anspruchsvolle oder datenbankgestützte Web-Seiten entwickelt werden, kann die Auftragsvergabe an einen erfahrenen HTML- und Java-Programmierer bzw. Systemintegrator die wirtschaftlichere Lösung gegenüber einer Eigenprogrammierung sein. Die Anbindung vorhandener Datenbanken an das Internet wird z.Zt. nicht nach einheitlichen Prinzipien und Standards realisiert, sondern hängt methodisch von der vorhandenen DV-Infrastruktur ab. Der zu betreibende Aufwand für die Integration vorhandener elektronischer Repertorien unterliegt damit einer erheblichen Schwankungsbreite.
Doch auch dann ist es durchaus möglich, hohe Kosten zu vermeiden, vor allem wenn statt eines kommerziellen Softwarehauses beispielsweise ein geeigneter Student, der auf Stundenbasis oder im Werkvertrag arbeitet, mit der Programmierung betraut wird.
An Hardware benötigt man einen hochauflösenden Flachbett-Scanner mit entsprechender Software, sofern die Internet-Präsentation in größerem Umfang grafische Elemente und Abbildungen von Unterlagen umfassen soll. Falls ein Scanner beschafft werden muß, sind dafür einschließlich Software ca. 1500,- DM zu veranschlagen. Ein Modem oder ein ISDN-Adapter kostet ab etwa 200,- DM.
An laufenden Kosten entstehen dem Archiv für die passive Teilnahme eventuell Telefongebühren (i.d.R. Ortstarif) und möglicherweise eine geringe monatliche Gebühr für einen kostenpflichtigen Provider. Bei Inanspruchnahme eines kostenpflichtigen Providers für die aktive Internetteilnahme ist neben einer geringfügigen Jahrespauschale mit Kosten von 40,- DM bis 100,- DM pro reserviertem Megabyte im Jahr zu rechnen. Datenbankgestützte Angebote werden in Abhängigkeit von Komplexität und Plattform berechnet.
Bereitstellung und Pflege von Web-Seiten sind mit einigem personellem Aufwand verbunden, vor allem wenn umfangreiche Informationen laufend zu aktualisieren sind. Exakte Angaben hierzu sind derzeit kaum möglich; je nach Art und Umfang der Präsentation kann der Zeitaufwand für die Pflege und Organisation des Web-Servers pro Monat von 1 Stunde bis hin zu 5 Stunden und mehr reichen.
Mittel- und langfristig ist das Zusammenwachsen des Internet mit den lokalen Netzwerken (Intranet) zu erwarten. Auf der Basis einer dann einheitlichen Plattform könnte die Bereitstellung der in den Archiven erarbeiteten und auf Datenträgern in digitaler Form vorgehaltenen Informationen kostengünstig und mit nur geringem organisatorischen Aufwand betrieben werden.
3.1 Chancen und Perspektiven des Internet für das Archivwesen
Die Chancen und Perspektiven, die das Internet dem staatlichen Archivwesen eröffnet, liegen insbesondere darin, große Mengen sehr aktueller Informationen kostengünstig einem breiten, globalen Publikum und damit zahlreichen potentiellen Archivnutzern anbieten zu können. Neben einem gewissen Werbeeffekt führt diese Informationsbereitstellung zu einem besseren Wissensstand bei den Benutzern. Geplante Anfragen erübrigen sich, und der Beratungsaufwand durch die besseren Vorbereitungsmöglichkeiten der Benutzer kann reduziert werden. Daneben werden neue Benutzergruppen mit neuen Fragestellungen an die Archive herangeführt werden. Im übrigen bietet die Nutzung des Internet spezifische Vorteile gegenüber anderen Medien:
3.2 Kommunikation mit Benutzern mittels E-Mail
Die Frage, ob und in welcher Form mit Benutzern via E-Mail am sinnvollsten kommunziert werden kann, läßt sich erst beantworten, wenn weitere Erfahrungen auf diesem Gebiet gemacht worden sind. Solange sich der Umgang mit dieser neuen Kommunikationsform nicht eingespielt hat, wird diese Möglichkeit nur von wenigen Staatsarchiven genutzt werden können. Eine unreglementierte Nutzung von E-Mail mit der Möglichkeit, durch einfaches Anklicken eines Buttons Fragen an ein Archiv zu formulieren und abzuschicken, hätte vermutlich ein Anschwellen wenig ernsthafter, unzureichend begründeter und aussichtsloser Anfragen, z.B. aus dem Bereich der Familienforschung, zur Folge. Der Gleichbehandlungsgrundsatz schließt eine bevorzugte Bearbeitung von elektronischen Anfragen aus.
Bei E-Mail handelt es sich andererseits um ein Wesenselement des Internet, auf das nicht verzichtet werden sollte, zumal es in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen wird. So könnte Benutzern die Option geboten werden, per E-Mail neben speziellen Informationen auf Papier vorbereitete Formblätter anzufordern, die, nachdem sie vom Antragsteller ausgefüllt und zurückgesandt wurden, dem Archiv alle relevanten Informationen zur Aufnahme einer Benutzung liefern. Als nächste Stufe wäre daran zu denken, einen Internet-gestützten Benutzerantrag zu entwickeln, der durch die zwingende Abfrage entsprechender Informationen wenig fundierte Antragstellungen weitgehend ausschließt.
3.3 Inhalte archivischer Web-Seiten im Internet
Die Vielfalt des Mediums WWW einerseits und die heterogenen Verhältnisse innerhalb des deutschen Archivwesens andererseits machen es unmöglich, ein klar umgrenztes, für alle staatlichen Archive und Archivverwaltungen geeignetes Modell für die Präsentation archivischer Aufgaben und Leistungen im Internet zu entwickeln. Daher wurde aufbauend auf den von Karsten Uhde im Archivar Jg. 49/1996, Heft 2 publizierten Erfahrungen und Überlegungen eine Art von Schichtenmodell erarbeitet, das in insgesamt 5 Ebenen gegliedert ist, die im Idealfall nacheinander zu realisieren wären. Das Modell kann allerdings auch - entsprechend den Möglichkeiten und Schwerpunkten des jeweiligen Archivs - flexibel gehandhabt werden, weil die Realisierung einer höheren Ebene nicht unbedingt die Existenz der vorherigen Ebenen voraussetzt. So könnten beispielsweise Quelleneditionen (Ebene 5) durchaus ohne eine Kurzübersicht über die Bestände des betreffenden Archivs (Ebene 2) im WWW präsentiert werden. Lediglich die Basisebene 1 sollte keinesfalls ausgelassen werden. Was den Aufbau und die Gestaltung von Findmitteln anbelangt, die im WWW bereitgestellt werden sollen, sei insbesondere auf den Aufsatz "Online-fähige Repertorien?" von Angelika Menne-Haritz verwiesen, der von seiten der Archivschule Marburg als digitaler Text im Internet veröffentlicht wurde.
Die Publikation von Findmitteln im WWW erfordert zweifelsohne neue archivfachliche Konzepte, die den spezifischen Chancen dieses Mediums gerecht werden, beispielsweise durch die Unterstützung eines mehrdimensionalen Zugriffs auf die dargebotenen Informationen mittels sogenannter Hyperlinks.
Letztlich muß jede Archivverwaltung bzw. jedes Staatsarchiv für sich selbst entscheiden, wieweit ein eventuelles Engagement im Internet gehen soll, welche Ebenen des nachfolgenden Schichtenmodells also abgedeckt werden sollen. Bei dieser Entscheidung sollten neben der Kostenfrage auch die archivpolitischen und rechtlichen Aspekte beachtet werden. Charakteristikum des WWW ist die freie und globale Verfügbarkeit der dargebotenen Informationen. Wer Daten im WWW bereitstellt, muß sich darüber im klaren sein, daß er - zumindest derzeit - keine praktikable Möglichkeit hat, die weitere Verwendung und Verbreitung dieser Informationen durch Dritte zu kontrollieren und zu reglementieren. Dieses Problem ist für Archive allerdings keineswegs neu, werden doch bereits seit langem Elektrokopien und Mikrofilmreproduktionen von Archivalien massenhaft an Benutzer abgegeben. Die Präsentation eingescannter Archivalien im WWW unterscheidet sich von der Abgabe analoger Kopien im Grunde nur dadurch, daß im letzteren Fall der Erstnutzer der Kopie namentlich bekannt ist, während der Internet-Nutzer für den Informationsanbieter meist anonym bleibt. Unterlagen und Findmittel mit schutzwürdigen Inhalten sind für die Abbildung im Internet daher ungeeignet. Werden Findmittel entsprechend „bereinigt" präsentiert, darf ein geeigneter Hinweis auf diesen Sachverhalt nicht fehlen.
Die Gefahr, daß aus dem WWW heruntergeladene Abbildungen (Images) von Archivalien als Druckvorlage o.ä. mißbraucht werden, ist relativ gering, weil die für das Internet geeigneten Bildformate Folgenutzungen dieser Art in der Regel nicht zulassen. Textdateien im Internet, sprich Publikationen von Beständeübersichten, Findmitteln und Quelleneditionen, können dagegen ohne Quälitätsverlust dupliziert werden, was den Verkauf identischer Veröffentlichungen auf Papier erschweren dürfte.
3.3.2 Strukturierung der Informationen und Leistungen ("Schichtenmodell")
Ebene 1: Vorstellung des Archivs (bzw. der Archivverwaltung) und seiner Aufgaben
(Im einfachsten Fall genügt 1 Web-Seite.)
Mindestumfang der Angaben und Leistungen
Fakultative Ergänzungen
Ebene 2: Kurzübersicht über die Bestände oder über Beständegruppen
Mindestumfang
Fakultative Ergänzungen
Ebene 3: Ausführliche Übersicht über die Bestände oder über Beständegruppen
Mindestumfang
Fakultative Ergänzungen
Ebene 4: Repertorien/Inventare
Mindestumfang
Fakultative Ergänzungen
Ebene 5: Quelleneditionen
Mindestumfang
Fakultative Ergänzungen
© 2005 Uhde@staff.uni-marburg.de , Stand: 01.07.2001